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Jürgen Weltzer : Ideen + Konzepte

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In meinem Blog finden Sie in erster Linie Dinge, die mir aufgefallen sind und über die ich lästere, die ich gut finde oder die ich kommentiere. In jedem Fall sind immer Tipps und Tricks, Interessantes, Nachdenkliches, Sinnvolles und Un-sinniges zu den Themen Mentaltraining, Zeitmanagement, Zielerreichung und Marketing/Werbung dabei. Denn aus jeder Situation kann man was für sich lernen. Wenn man will.

Kolumne: ich habe Postbekommen

Ich habe Post bekommen, zwei Briefe von der Berufsgenossenschaft. Einer davon enthielt einen Fragebogen. Im Anschreiben ist die Bitte formuliert, diesen ausgefüllt zurück zu schicken. Das Wesentliche an einer Bitte ist, dass sie angenommen oder ausgeschlagen werden kann. Das ist der Unterschied zum Befehl. Weiter heißt es aber, wenn ich dieser Bitte nicht nachkäme, müssten sie leider schätzen, was für mich ungünstig sein könnte, da ich eventuell mehr zahlen müsste. Das empfinde ich als Drohung – und nicht als Bitte. Da ich als Selbständiger ohnehin nichts besseres zu tun habe, werde ich dieses Damoklesschwert der unerfüllten Bitte entschärfen und den Fragebogen ausfüllen, es sind ja nur 6 Seiten (zweispaltig). Beim Ausfüllen stelle ich fest, dass ich schneller fertig sein werde, als gedacht – die Hälfte der Fragen verstehe ich nicht und kann sie daher auch nicht beantworten. Irgendwie scheine ich es versäumt zu haben, Verwaltungssprache zu studieren ...

Dann kamen noch Briefe von Krankenkassen. Es reiche nicht aus, dass ich die aktualisierten Beitragsnachweise für die Arbeitnehmer eingereicht hätte, nein, ich müsse auch neue Meldungen einreichen. Sie seien nicht in der Lage, den neuen Punkt "Insolvenzabgabe" selbständig aus den vorhandenen Daten auszurechnen. Das empfinde ich als Schikane (oder haben die echt keine Computer?). Schließlich steht in den Beitragsnachweisen genau dieser Betrag schon explizit drin. Aber schließlich habe ich als Selbständiger ja ohnehin nichts besseres zu tun, als Formulare auszufüllen.

Jetzt bin ich schon kurz davor, kafkaeske Zustände zu sehen, mir Gedanken zu machen, wie viel produktive Zeit mit Bürokratie verschwendet wird und überhaupt ins übliche Lamentieren zu verfallen. Da fällt mir ein, dass ich letztes Jahr gelesen habe, dass 2,6 Milliarden Menschen noch nicht einmal Zugang zu einer Toilette haben. Die müssen wahrscheinlich auch keine Formulare ausfüllen und wahrscheinlich müssen die sich auch nicht den Kopf darüber zerbrechen, welches Duschgel sie kaufen sollen.

Ich versuche, mir vorzustellen, welche Fragen diesen Menschen wohl durch den Kopf gehen. Wahrscheinlich ziemlich existentielle. Über die Beantwortung solcher Fragen nachzudenken lohnt sich, finde ich.

Ich beschließe, dass ich mir in Zukunft keinen Kopf mehr mache werde über Sinn oder Unsinn von bürokratischen Formularen. Die gibt es eben in Ländern, in denen es WCs gibt. Das ist halt so. Dafür werde ich mir jeden Morgen eine halbe Stunde Zeit nehmen, um an der Lösung einer für mich wichtigen Frage zu arbeiten. Wichtig heißt existenziell. Jede Lösung, die ich dabei finde, macht mich freier von den Entscheidungen anderer. Und eine halbe Stunde an der Lösung einer wichtigen Aufgabe zu arbeiten, ist allemal sinnvoller, als sich eine halbe Stunde lang über Formulare aufzuregen. Haben Sie eigentlich schon mal überlegt, wie viel Zeit pro Tag, Woche, Jahr Sie damit verbringen, sich über irgendetwas aufzuregen? Und wie lange Sie dazu benötigen, sich wieder abzuregen? Diese Energieverschwendung mache ich nicht mehr mit. Ich freue mich schon auf die nächsten Briefe – und die Formulare nehme ich einfach mit aufs Klo.
Tja, mehr gibt's dazu nicht zu sagen, aber ich freue mich auf Ihre Bürokratieerfahrungen im Kommentar.
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